Dhondup Wangchen: Vom Arbeitslager zur Nobelpreis Nominierung
Ehemaliger Kampagnenforum-Mitarbeiter ist Wegbegleiter des Nominierten
Der tibetische Aktivist und Filmemacher Dhondup Wangchen ist im November 2021 zu einer Europa-Tour aufgebrochen. Sein Anliegen: Sagt die Spiele ab und findet einen passenderen Ort für Olympia.
Einen besseren Botschafter als ihn gab es für diese Aufgabe nicht. Denn sein Fall ist speziell. Er ist vermutlich weltweit die einzige Person, die in einem Arbeitslager landete, weil sie dem Wort des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) traute. Der kürzlich verstorbene Jacques Rogge, damals Präsident des IOC, zusammen mit der chinesischen Regierung erklärte 2008 vor den Sommerspielen, dass Medienfreiheit im Zusammenhang mit den Spielen gewährleistet sei. Die 25-minütige Dokumentation «Leaving Fear Behind» erregte aber den Zorn der kommunistischen Behörden. Ein Scheingericht verurteilte ihn 2009 zu einer sechsjährigen Haftstrafe.
Ich war 2008 Mitarbeiter des Kampagnenforums und durfte damals für die Promotion des Films arbeiten. Über 30 kleine Videokassetten lagen auf meinem Schreibtisch an der Dienerstrasse und zusammen mit dem Verein «Filming for Tibet» überlegten wir uns, was wir draus machen und wie wir den Film verbreiten wollen. Ich schlug vor, die Premiere in Peking selber am 6. August 2008 durchzuführen. Klandestin und nur für die ausländische Presse.
Danach ist viel geschehen. Die sechs Jahre im Arbeitslager machten aus dem Aktivisten, nach eigenen Aussagen, zu einem weniger zornigen Menschen. Er setzte sich dort für seine Mitgefangenen und ihre Rechte ein.
Dhondup Wangchen bereiste in den vergangenen Monaten 15 Länder. Er schaffte es fast im Alleingang mit seiner Geschichte, das Thema Tibet im Zusammenhang mit den Olympischen Spielen wieder auf die politische und mediale Tagesordnung zu bringen. Er suchte den direkten Kontakt mit den Nationalen Olympischen Komitees und erinnerte sie an ihre moralische Verantwortung. Es folgten parlamentarische Anhörungen, TV Interviews, ganzseitige Berichte in massgeblichen europäischen Zeitungen.
Seine Auftritte, unterstützt von lokalen Tibetgruppen in ganz Europa, führten schliesslich dazu, dass er vom grünen Politiker Rasmus Hansson aus Norwegen für den Friedensnobelpreis nominiert wurde. Es scheint, dass die unglaubliche Geschichte von Dhondup Wangchen noch nicht zu Ende ist.
Mehr zum Thema auf der Webseite «My Olympic Oath»
Unser Autor
Wangpo Tethong ist ehemaliger Mitarbeiter des Kampagnenforums und seit Oktober 2021 Direktor von International Campaign for Tibet Europe in Amsterdam. Bei uns war er von 2008 bis 2013 zuständig für Project Development, Campaigning, Media and PR.