Unterschriften fälschen als Geschäftsmodell?
Unsere Demokratie hat Besseres verdient!
Kampagnenforum unterstützt Komitees und Organisationen mit Campaigning auch bei der Unterschriftensammlung und setzt sich für neue Massnahmen wie das E-Collecting ein. Sammelaktionen auf der Strasse werden schon seit längerem nicht mehr durchgeführt; dieses ‘Geschäftsmodell’ lohnt sich für beide Seiten nicht. Wir setzen uns daher für neue Massnahmen ein, unter anderem E-Collecting.
Gestern war ich deshalb für das Kampagnenforum in Bern am “Runden Tisch zur Integrität von Unterschriftensammlung” für Initiativen/Referenden mit dabei. Ziel des Runden Tisches ist gemäss Viktor Rossi, Bundeskanzler und somit oberster Beamter der Schweiz die “gemeinsame Entwicklung eines Verhaltenskodex, auf den sich Initiativ- und Referendumskomitees, aber auch Sammelorganisationen verpflichten und berufen können”. Das öffentliche Interesse daran ist gross.
Denn die dank der wichtigen Recherche der Tagesanzeiger-Journalisten bekannt gewordenen Missbräuche bei der Unterschriftensammlung - systematische Unterschriftenfälschungen und problematische Sammelpraktiken durch bezahlte Sammelagenturen mit krimineller Energie - untergraben das Vertrauen in unsere Demokratie.
Für uns als Kampagnenforum ist klar:
- Das Vertrauen in unsere demokratischen Mitwirkungsmöglichkeiten mittels Initiativen und Referenden muss wiederhergestellt werden.
- Es braucht robuste Massnahmen, um das Fälschen von Unterschriften zu verhindern - das Unterschriftenfälschen darf kein Geschäftsmodell werden, sondern muss entsprechend geahndet werden.
- Ob ein allgemeiner Verhaltenskodex reicht oder ob es gesetzliche Massnahmen oder gar ein Verbot von kommerziellen Sammelorganisationen braucht, wird sich zeigen.
- Es müssen neue, zeitgemässe und demokratieadäquate Möglichkeiten für das Unterschriftensammlungen implementiert werden, die zudem auch noch die Barrierefreiheit garantieren: etwa das E-Collecting.
- Für die Übergangszeit braucht es Sensibilisierung bei Komitees und Organisationen, wie etwa über Digitalcampaigning oder Flyerkampagnen die Bevölkerung angemessener über die Möglichkeit, ihre Unterschrift abzugeben, informiert werden kann.
Das Kampagnenforum, das unter anderem Initiativ- und Referendum-Komitees bei ihrem politischen Campaigning berät und unterstützt, führt seit längerem keine Unterschriftensammlungen gegen Entgelt mehr durch. Wegen des hohen Aufwandes lohnt sich das Sammeln auf der Strasse finanziell nicht gelohnt - weder für die Komitees noch für die Sammelagenturen (darum wohl die mutmasslichen Betrügereien!). Vielmehr unterstützen wir Komitees bei der Unterschriftensammlung mittels Campaigning, das Digital und Analog verschränkt: Die Bevölkerung wird breit informiert über das Anliegen eines Komitees und Interessierte erhalten Unterschriftenbögen direkt zum Download oder in den Briefkasten, um sich selbst für eine Unterschrift entscheiden zu können. So können innerhalb kurzer Zeit und kostengünstig Unterschriften gesammelt werden.
Tragfähiges Lösungspotential für Direkt-Sammelaktionen sehen wir beim E-Collecting, also der schweizweiten digitalen Unterschriftensammlung. Mittels E-Collecting liessen sich Initiativen und Referenden digital und online über alle Zwischenschritte um einiges effizienter und sicherer organisieren - von der Unterschriftsabgabe durch die Stimmbürger:innen, dem Sammeln durch die Komitees und Agenturen bis zur Auszählung und Unterschriftsbeglaubigung durch Gemeinden und Kanzlei. Damit würde die politische Mitwirkung und die Schweizer Demokratie insgesamt gestärkt.
Unser Autor
Matthias Wüthrich ist seit über 20 Jahren als engagierter Kampagnenexperte in der Schweizer Politik und Zivilgesellschaft aktiv. Bei Kampagnenforum bringt er seine umfassende Erfahrung in strategischer Kommunikation, Mobilisierung und Advocacy ein. Er hat Umweltnaturwissenschaften an der ETH Zürich studiert und einen Master in Communications Management (MSCom) an der USI. Matthias steht für innovative, wirkungsvolle Kampagnen, die gesellschaftlichen Wandel vorantreiben.